Keine Gründe sind die falschen Gründe.

Ich erwische mich in letzter Zeit oft beim Kopfschütteln.

Kopschütteln darüber aus welchen Gründen Dinge gemacht werden. Oder besser gesagt: Das es auch niemanden stört, wenn es überhaupt keine Gründe gibt.

Als Designer treibt mich das Thema vielleicht nochmal besonders um. Ich sehe Design in erster Linie als Lösung einer Aufgabe oder eines Problems. Für alles, das man gestaltet – und vor allem, wie man es gestaltet – sollte es trifftige Gründe geben. Aber Gründe können auch in allen anderen Bereichen & Disziplinen nicht schaden. Zum Beispiel dabei, wirklich Dinge von Wert zu schaffen. Und nicht irgendetwas, dessen einziger Enstehungsgrund ist, dass irgendjemand dafür bezahlt. – Und manchmal noch nicht einmal das. Es gibt im Agentur-Umfeld viele Dinge, die hier gründlich schief laufen – Ich fürchte aber leider, dass das Problem auch die meisten anderen Branchen betrifft.

Um nochmal ganz kurz auf das Kopfschütteln zurückzukommen: Es kann nicht sein, dass nicht mehr nach den Gründen für ein Projekt gefragt wird, sondern einfach losgelaufen, ausgeführt & produziert wird. Egal was. Egal wie. – Aber aus einigen Jahren Erfahrung & Beobachtung in meinem Job muss ich leider sagen: Es kann doch sein. Es werden seitenweise Dokumente & Papier produziert, nur um, wie angeboten ein „Konzept“ abliefern zu können. Gerne auch nachträglich, wenn alles Andere schon längst steht. Mann macht ohne Not schwachsinnige Dinge, von denen jedem Beteiligten klar ist, dass es Schwachsinn ist. Beliebter „Grund“: Das wurde mal irgendwann so festgelegt. Absurd. Und dafür gibt es leider noch mehr Beispiele. Es entstehen ganze Websites, Flash-, 3D-Animationen, Apps und sonstige Sachen, ohne dass es dafür einen wahren, echten Grund gäbe. Im Zweifelsfall reicht es aus, dass die Technologie gerade „im Trend“ ist und man dabei sein muss: „Mach‘ mal ’ne App.“ – „Wofür? Was ist das Ziel? Was soll die Kernfunktion sein? Wie ist der weitere Ausblick dafür?“ – „Weiß ich auch nicht. Aber mach’ma. – Erstmal nur so für’s Look’n’Feel“.

Erschreckend ist, wie solche „Gründe“ plötzlich wie verselbständigte Zombies durch Firmenkultur und Denken in Unternehmen laufen. Erschreckend, wenn Menschen garkeine Gründe mehr brauchen, sondern ein Zeitplan und ein paar Arbeitsanweisungen reichen. Dann ist es offenbar auch nicht mehr entscheidend, ob dies Pläne überhaupt jemals Hand & Fuß hatten. Und auch nicht, dass man gegebenenfalls genau weiß, dass sie das niemals hatten. Beängstigend mit anzuschauen, wieviel Arbeitsenergie und Geld dabei sinnlos verbrennt.

So kann es nicht sein. Es gibt keinen zwingenden Grund es so zu machen. – Auch wenn oft genau das vermittelt wird. – Es muss für das, was man tut echte Gründe geben, Verantwortung für die eigene Arbeit – im besten Fall gepaart mit Leidenschaft & Begeisterung.

Dazu gehört auch der Mut von Dingen abzuraten, die nicht die Passenden sind. An den richtigen Stellen „Nein“ zu sagen und zu allererst nach den Gründen & Zielen zu fragen! Eigentlich einfach: gute Beratung.

Die Parole „wir müssen dem Kunden halt irgendetwas verkaufen, auch wenn er das gerade nicht braucht“ habe ich noch nie verstanden. Wenn etwas nicht passt gibt es trotzdem fast immer etwas Sinnvolles, das man stattdessen anbieten kann. – Und sei es nur, den Kunden an einen guten Partner zu verweisen, der ihm bei seiner Aufgabe wirklich weiterhilft. Zur Stelle kann man sein, wenn es tatsächlich etwas zu tun gibt, das in den eigenen Kompetenzbereich fällt. Das Geld, dass ein Kunde bezahlt, sollte ein Produkt oder eine Dienstleistung auch wert sein – und nicht nur eine Maschinerie befüttert werden, die sich reihum für Mist auf die Schulter klopft.

Ziemlich schnell liegt bei solchen Gedankenspielen das Wort „Idealist“ in der Luft. – Aber was spricht dagegen mit seiner Arbeit Dinge von Wert entstehen zu lassen? Etwas umzusetzen, für das es einen echten Grund gibt? Warum tun sich so viele Unternehmen damit so unglaublich schwer?

Es wird wieder höchste Zeit für Gründe! Und für gute, sinnvolle Arbeit, die etwas bewirkt.

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